Sonntag, 9. Oktober 2011

Ica

Letzte Woche war ich in Ica auf Forschungspraktikum - eine Woche nur Spanisch reden und hören - war ganz schön intensiv muss ich sagen.
Ica liegt in der "Küste" - wobei damit in Peru der Teil gemeint ist, der vor den Bergen liegt und eigentlich vor allem Wüste ist. Wir waren dort um zu untersuchen, wie die Organisationen, die das Wasser für Bewässerung verteilen funktionieren und wie die Menschen mit der Wasserknappheit umgehen. In Ica wird nämlich, obwohl es ja eigentlich in der Wüste liegt, sehr viel angebaut, vor allem ein großer Teil der Produkte, die für den Export bestimmt sind, vor allem grüner Spargel, Baumwolle, Trauben, Avocados, Artischocken. Am wichtigsten ist hier der Spargel und die Baumwolle, beides Pflanzen, die viel Wasser brauchen. Der Großteil der Bauern sind kleine Bauern, teilweise haben sie nur einen Hektar Land, manchmal auch 5 oder 6 Hektar. Diese Bauern bewässern ihr Land über den Kanal, das heißt, dass es ca. 3-5 Monate im Jahr Wasser gibt. Dieses Wasser soll dann möglichst gerecht aufgeteilt werden, aber natürlich gibt es da Probleme, vor allem, weil für das Wasser (bzw. für das Service Wasserlieferung) gezahlt werden muss und vor allem die "minifundios" dafür zu wenig Geld haben und kleine Bauern kaum Chancen auf halbwegs normale Kredite haben. Die, die etwas mehr Geld haben und abhängig von der Gegend bilden oft Vereine, über die Wasser aus Brunnen für die Bewässerung verteilt werden. Dieses Wasser ist aber eben noch einmal teurer, aber natürlich notwendig, zumindest für die neuen Produkte, weil Kartoffeln kommen mit dem Wasser aus, das es drei Monate im Jahr gibt.
Und die großen Agroexporteure bewässern überhaupt nur mit Grundwasser - das hat dazu geführt, dass mittlerweile die wasserführende Schicht total abgesunken ist, viele Brunnen ausgetrocknet sind und nur noch die Wasser haben, die es sich leisten können, immer tiefer zu bohren. Einige Berechnungen gehen jedenfalls davon aus, dass in 3-5 Jahren das Grundwasser in dieser Gegend aufgebraucht ist. Deshalb gibt es einige Projekte, um das Grundwasser über "infiltration" wieder zu erneuern - das Wasser soll über die Erde ins Grundwasser durchsickern. Und dafür soll Wasser aus den Bergen über Kanäle und Rohre nach Ica gebracht werden. Aber das ist natürlich auch teuer und die Gemeinden in den Bergen wehren sich aus diversen Gründen dagegen. Nun ja, das Ganze ist ziemlich komplex, aber ich glaub, das war so das Wichtigste, um zu erklären, wie die Problematik derzeit ausschaut. Weil zusätzlich bestehen Probleme mit den Agroexporteuren, die die Arbeitskräfte ausnutzen und zu wenig bezahlen. Derzeit verbessert sich die Situation allerdings ein bißchen - weil, Gesetz von Angebot und Nachfrage - es derzeit zu wenige Arbeitskräfte gibt bezahlen die Exporteure mehr und müssen die Arbeitszeiten verkürzen. Somit besteht ein bißchen die Hoffnung, dass sich etwas verändert. Aber das Leben ist hier hart und es bestehen so viele Probleme, dass ich nicht sehe, wie sich das wirklich schnell positiv verändern könnt.
Aber gut, ich glaub, die Woche hat mein Kulturschock begonnen, erstens wegen der Sprache, weil wirklich die ganze Zeit nur Spanisch hören und reden ist echt anstrengend und vor allem frustrierend, weil ich (zumindest bei einigen Leuten, die nuscheln oder sehr schnell reden) einfach ständig nachfragen muss. Und wenn dann alle durcheinander reden, versteh ich wirklich kaum etwas. Vor allem halt auch, weil die Jugend so viele Slang-Wörter verwendet.
Der nächste Schock war deshalb, weil ja erstens alle viel jünger sind (zwischen 20 und 22) aber zusätzlich noch bei ihren Familien wohnen, mindestens einmal täglich von den Eltern angerufen werden (Si Mamí, Si Papí) und die Themen einfach noch immer die sind, wie lang man fortgehen darf, wie die Eltern reagieren, wenn man betrunken nach Hause kommt.... Und zusätzlich vielleicht wirklich dadurch, dass es halt doch eher behütete, reiche Familien sind. Nicht alle sind wirklich reich, aber für peruanische Verhältnisse halt doch wohlhabend.
Und auch lustig: irrsinnig viele Diskussionen während dem Praktikum, wer jetzt für was aufkommt, Aufregung, weil das Essen selbst gezahlt werden muss (Die Übernachtungen haben die Professor/innen gezahlt!!!), aber dann: geh ich mit 2 Studentinnen essen und wir teilen uns ein Ceviche und ich werd sofort eingeladen. Das war dann für mich auch nicht durchschaubar, aber jedenfalls ist die Gastfreundschaft hier stark ausgeprägt, ich hab mich bei Getränken oft nicht finanziell beteiligen dürfen. Andererseits besteht immer die Sorge, dass man finanziell ausgenommen wird, z.B. bei der Uni, weil sie ja auch sehr viel zahlen, dass die Studierenden aus anderen Praktika weniger zahlen müssen, andererseits, dass das Kloster das Abendessen doch verrechnen wird, obwohl ja gesagt wurde, dass man kein Abendessen möchte.... Jedenfalls ständige Diskussionen und das war mühsam.
Ja, und dann halt, dass die Leiterin leider organisatorisch und kommunikativ nicht sehr begabt ist und deswegen das Praktikum vom Methodischen her sehr schwach war - und deshalb die Studierenden jetzt einen Brief verfasst haben an den Direktor der Soziologie, um diesen Sachverhalt darzustellen. Also einerseits cool, weil viel aktiver als in Österreich, aber der Nachteil ist, dass ja dann doch immer Personen aktiv sind, die sich auch gerne aufregen. Deshalb hab ich nicht unterschrieben, weil einige Punkte wirklich arg übertrieben waren. Blöd jedenfalls glaub ich für den Rest des Semesters, weil bei dem Professor hab ich 2 Kurse, ich hoff die Stimmung wird nicht zu schlecht.
Ja, also, ihr merkt, ich hab die Woche so wenig geredet dass jetzt alles raus muss. Hoffentlich ist es nicht zu fad gewesen.
Jedenfalls auch interessant (es geht gleich weiter): wir haben eben im Kloster gewohnt und dass war weiter weg von der Stadt in einer neueren Siedlung, und wir waren zu diesem Zeitpunkt 20 Personen und wollten nach dem Abendessen zu Fuß zum Kloster gehen und fast alle waren nervös, ob das jetzt eh nicht zu gefährlich ist. War spannend. Ich hab mich jedenfalls nicht gefürchtet, weil ich nicht den Eindruck gehabt hab, dass es eine gefährliche Gegend ist. Aber gut, es passiert halt doch viel, man kann es also nicht nur darauf zurückführen, dass es so wohlbehütete Städter sind.
Gut, jetzt hör ich wirklich auf und es kommen die Fotos - von der Oase und den Dünen gibt es leider keine Fotos, weil da mein Akku leer war - aber ich krieg welche und dann schick ich sie euch!

Mein Haus von außen - das bunt angemalte

Ein Platz in der Nähe von meinem Haus

Weg nach Ica mit mehreren "Kuhställen"

Wüste

Keine Ahnung, wo da das Wasser für die Pflanzen herkommt

Häuser in der Nähe von Ica

Hier wurde die Erde weggegraben und als Baumaterial verkauft

Siedlung

Adriana - meine Praktikumskollegin - mit Pisco und ich mit Pisco Sour (ich hab ja zuerst gedacht, dass der Krug mit Wasser gefüllt ist, jaja)

Mototaxis in Peru - gibts hier nämlich auch



Baumwolle

Bauer, der sich für drei Stunden Wasser zur Bewässerung gekauft hat

Der Plaza de Armas von Ica

In Ica waren alle Geschäfte "vergittert" - in Lima ist das selten


Spargel

Escala
Valor del crédito
Derecho de matrícula
1
 S/. 217.30
S/. 35
2
 S/. 284.80
S/. 46
3
 S/. 379.40
S/. 61
4
 S/. 504.70 
S/. 81
5
 S/. 679.10
S/. 109

Und hier noch die Übersicht, wieviel zu zahlen ist. Valor del Crédito bezeichnet das, wieviel für einen Punkt pro Semester zu zahlen ist. Ein Kurs hat circa 3-4 Punkte, manche haben auch 6, aber das ist selten. Die meisten machen 4-5 Kurse im Semester, manche aber auch nur 3. Und die Escala gibt an, in welche Stufe man eingestuft wird - das hängt davon ab, wieviel die Eltern verdienen, welches Vermögen da ist, wo man wohnt.... Anscheinend kommen die dann auch nach Hause und überprüfen das, à la: "Aber brauchen Sie den großen Fernseher, verkaufen sie den doch?" Also schon sehr hart. 

Baba und bis bald, Mira

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